Agnieszka Lessmann: Aga

Zwei Mal schon hat sie mit ihren Eltern die Kontinente gewechselt und den Namen gleich dazu. Nun zieht Aga ins »Land der Mörder«, so hat sie es aufgeschnappt.

Angekommen in einem Haus der jüdischen Gemeinde, macht sich das kleine Mädchen auf die Suche nach ihnen. TV-Kommissar Erik Ode hilft ihr dabei. Agnieszka Lessmanns Roman Aga (Gans Verlag) erzählt vom Schweigen nach der Shoah und davon, was nötig ist, um es zu überwinden. Es moderiert Terry Albrecht.

»Kann man Opfer sein erben?«
Ich war Fünfzehn, als ich das schrieb. Ich wollte kein Opfer sein. Vor allem aber stand es mir nicht zu. Schließlich hatte ich nichts Schlimmes erlebt, nichts annähernd so Schlimmes wie mein Vater, wie seine Eltern, sein Bruder, wie Anne Frank.

Die antisemitische Hetze der Kommunistischen Partei Polens im Jahr 1968 zwingt Agas Eltern, ihre Heimat zu verlassen. Über Israel kommt Aga nach Deutschland. Das neue Haus, ein Zufluchtsort jüdischer Vertriebener, steht neben einer Kaserne, auf deren Tennisplatz amerikanische Soldaten ihre Freizeit verbringen, und dem Garten eines ehemaligen Klosters, in dem Hippies Bäume pflanzen. Dazwischen wuchern die kindlichen Fantasien.
Der Roman begleitet die von den Erfahrungen der Autorin geprägte Figur – vom spielenden Kind auf der Suche nach den »Mördern« bis ins Erwachsenenalter. Schritt für Schritt tastet sich Aga an die Vergangenheit ihrer Familie heran. In der Auseinandersetzung mit Erinnerung und Schweigen findet sie ihren eigenen Weg, sich zu lösen und zugleich zu verstehen.
Die Geschichte von Aga zeigt, wie schwer die Stille auf den Kindern der Überlebenden der NS-Zeit lastet – und wie befreiend es ist, sie zu brechen. »Agnieszka Lessmann macht die Verletzungen der zweiten Opfergeneration sichtbar, deren Leben geprägt ist durch das Schweigen der Eltern« (Frankfurter Rundschau).

© Annette Mück
© Annette Mück

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