»Buch für die Stadt« 2024 / Fatma Aydemir: Dschinns
Dschinns (dtv) von Fatma Aydemir ist das »Buch für die Stadt« 2024! Vielschichtig und mit großer Intensität erzählt Fatma Aydemir von sechs grundverschiedenen Menschen, von Familienlügen, Heimatlosigkeit und Migrationserfahrung, von der unstillbaren Sehnsucht, verstanden zu werden.
Dreißig Jahre lang hat Hüseyin Yılmaz in Deutschland gearbeitet, nun erfüllt er sich im Ruhestand endlich den Traum einer Wohnung in Istanbul. Doch am Tag des Einzugs stirbt er an einem Herzinfarkt. Die Familie reist zur Beerdigung an, alle haben sie ihr ganz eigenes Gepäck aus Geheimnissen, Wünschen und Wunden dabei. Anne Burgmer moderiert die Matinee im Schauspielhaus.
Ich verspreche dir, ich werde hierbleiben, in diesem Haus, in deiner Wohnung, und ich werde über deine Familie wachen, wenn sie hier eintrifft, ich gebe dir mein Wort, Hüseyin, ich verspreche es dir, für dich aber ist es nun Zeit zu gehen, daran kann nicht einmal ich etwas ändern.
Im islamischen Glauben ist der Dschinn ein Lebewesen, das mit den Menschen die Welt bevölkert, aber unsichtbar bleibt. Es sind die Geister der Vergangenheit, die in Fatma Aydemirs Roman Dschinns alle Familienmitglieder auch in der Gegenwart verfolgen.
Der Tod des Vaters ist Ausgangspunkt des Romans, die Familie kommt in Istanbul zusammen, sehr unterschiedliche Charaktere prallen aufeinander: Die Mutter, Emine, wurde nie heimisch in Deutschland und trägt mit sich die Erinnerungen und die Last eines großen Verlustes. Sevda, die älteste Tochter, die die Eltern bei ihrem Umzug nach Deutschland zunächst bei den Großeltern ließen, durfte nicht zur Schule gehen, heiratete früh, bekam zwei Kinder. Nun ist sie erfolgreich im Beruf, aber glücklos im Privatleben. Sohn Hakan schlägt sich mit halbseidenen Deals durchs Leben und versucht, seine Männlichkeit durch teure Autos unter Beweis zu stellen. Tochter Peri studiert Germanistik, haut ihrer Mutter feministische Zitate um die Ohren und weiß doch nicht, was sie vom Leben erwartet. Und der jüngste Sohn Ümit versucht zu verbergen, wie unglücklich er in seinen Schulfreund verliebt ist.
Fatma Aydemir erzählt von einer Familie, die ihre gemeinsame Sprache verloren hat und in die sich das Schweigen wie ein Gift hineinfrisst. Durch den Verlust des Vaters mit den eigenen Ängsten und Wünschen konfrontiert, brechen alte Wunden auf, entsteht der Raum, um endlich Wahrheiten offenzulegen. Spannend und mit großer Wärme spürt Fatma Aydemir nach, was das Gebilde Familie ausmacht.
»Ein Familienroman, der in klassischer Weise mit Geheimnissen arbeitet, mit unausgesprochenen Wahrheiten. Da gibt es mehr, als sich offenbart. Und deswegen kann man diesen Roman kaum weglegen« (Tobias Rüther, FAZ).
Sie sind Veranstalter*in und möchten die Aktionswoche zum »Buch für die Stadt« aktiv mitgestalten? Der Kölner Stadt-Anzeiger bietet hierfür einen besonderen Service an. Hier können Sie sich in den Veranstaltungskalender des KStA eintragen!
Die Aktion »Buch für die Stadt« stellt seit 2003 jedes Jahr ein besonderes Buch in den Mittelpunkt einer Aktionswoche. Sie richtet sich gegen das Zur-Seite-Legen. Sie ist Anlass, mit anderen Lesenden ins Gespräch zu kommen! Bücher werden zum Stadtgespräch!
Das »Buch für die Stadt« ist eine gemeinsame Literaturaktion von Literaturhaus Köln und »Kölner Stadt-Anzeiger«. Die Jury bildeten Bettina Fischer (Literaturhaus Köln), Hildegund Laaff (Lengfeld’sche Buchhandlung), Martin Oehlen (Literaturblog »Bücher-Atlas«) und Anne Burgmer (»Kölner Stadt-Anzeiger«). Die Sonderausgabe des Romans ist bei dtv erschienen.
Mit freundlicher Unterstützung von JTI.