Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat
Wir feiern 35 Jahre Mauerfall! Mit Bowle, alten Bildern und einem Buch, das keinen schöneren Titel tragen könnte: Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat (Hanser).
Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann reden über sich als »Ostfrauen«, über das Glück krummer Lebensläufe und suchen im Vergangenen nach Brauchbarem für die Zukunft. Ihr Buch ist voll von überraschender Analyse und beglückendem Humor, ungeahntem Wissen und befreiender Großzügigkeit. Ein Geschenk mitten in den Grabenkämpfen der Gegenwart.
WENKE Ostfrauen sind hart im Nehmen.
ANNETT Und selten perfektionistisch.
PEGGY Ostfrauen beißen die Zähne zusammen. Und schlucken ihre Wut oft runter.
WENKE Ostfrauen sind nicht befindlich.
PEGGY Aber genügsam. Ostfrauen reichen drei Joghurtsorten.
ANNETT Ja, aber heimlich wünschen sie sich doch fünf.
WENKE Ostfrauen können mit Veränderungen umgehen. Wenn sie müssen.
PEGGY Ostfrauen können weggehen. Wenn sie müssen.
WENKE Ostfrauen versorgen ihre Familie auch im Neoliberalismus, selbst wenn sie dafür nach Österreich gehen müssen.
ANNETT Und zwar nicht zum Wandern.
WENKE Oder nach Dänemark.
ANNETT Ostfrauen machen aus Scheiße Trillerpfeifen.
Drei Freundinnen, ein Küchentisch, vor den Fenstern die Nacht: Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann reden. Wie es ist, aus dem Osten zu kommen. Welche Prägungen und Erfahrungen nachhängen. Über die Gegenwart mit ihrer sich ständig reindrängelnden Vergangenheit. Es wird getrunken, gelacht und gerungen, es geht um Erinnerungsfetzen und Widersprüche, um unterschiedliche Lebensentwürfe und um mit den Jahren fremd gewordene Ideale. Im japanischen Volksglauben gibt es Geister, die aus achtlos weggeworfenen Dingen geboren werden – »wie sähe der Dinggeist der DDR aus?«, fragen die drei. Ihr Buch ist dem Erinnern und dem Sich-neu-Erfinden gegenüber so gewitzt und warmherzig, wie es jede große Gesellschaftsdiskussion verdient. »Eine erstklassige Mischung aus Anekdoten, Analysen und Alkohol. Und die große Frage, ob wir so leben wollen, wie wir leben sollen. Hört auf diese Frauen!« Katja Oskamp
Annett Gröschner, geboren 1964 in Magdeburg, lebt seit 1983 in Berlin und ist Schriftstellerin und Journalistin. 2021 erhielt sie den Großen Kunstpreis Berlin (Fontane-Preis) und den Klopstock-Preis des Landes Sachsen-Anhalt.
Peggy Mädler, geboren 1976 in Dresden, lebt seit 1994 in Berlin und ist Autorin und Dramaturgin. Für ihren zweiten Roman Wohin wir gehen (Galiani Berlin) erhielt sie 2019 den Fontane-Literaturpreis der Fontanestadt Neuruppin und des Landes Brandenburg.
Wenke Seemann, geboren 1978 in Rostock, lebt seit 2000 in Berlin und ist freie Künstlerin und Sozialwissenschaftlerin. Ihre Arbeiten waren u. a. in der Kunsthalle Rostock, dem Albertinum Dresden und dem Sprengel Museum Hannover zu sehen.