Kathrin Bach: Lebensversicherung
Eine Familiengeschichte – erzählt in Versicherungen. Kathrin Bachs Romandebüt widmet sich der so deutschen Sehnsucht nach Sicherheit – und der Erfahrung, dass man sich von Risiken und Gefahren nicht freikaufen kann.
Lebensversicherung (Voland & Quist) führt uns in ein Milieu, in dem Zeit Geld ist und Freiheit sich auf zwei Wochen Urlaub im Jahr beschränkt. Kathrin Bach spricht mit Tilman Strasser über eine Protagonistin, die sich ihren Ängsten stellt.
Ich habe Angst, seitdem ich drei bin. Ich habe meine Angst und die Angst meiner Mutter. Ich habe die Angst meines Vaters. Die Angst von Oma F. und Opa F. Die Angst von Oma G. und Opa G. Ich habe die Angst unseres Dorfes und die Angst des Neubaugebiets. Ich habe Angst, weil immer was passieren kann.
In der Provinz der neunziger Jahre, in der Tradition und Moderne aufeinanderprallen, liegt zwischen Bauernhöfen und Fertighäusern das Versicherungsbüro. Gegründet nach dem Krieg, hat es der Protagonistin, ihren Eltern und Großeltern einen vorsichtigen Wohlstand beschert. Doch allen ist bewusst: Nur ein Anruf könnte das wackelige Gerüst der Sicherheit ins Wanken bringen.
Kathrin Bach erzählt die Geschichte einer Familie, die zwar andere versichert, selbst aber nie Sicherheit erlangt. Denn natürlich werden auch sie von Krankheiten, Unfällen oder anderen Risiken heimgesucht. Erinnerungen, Aufzählungen, Listen und Piktogramme bilden das tragikomische Bild ihres Zusammenlebens. Hier taucht man ein in ein Milieu, in dem Zeit Geld ist und Urlaub zwei Wochen in Spanien bedeutet. So entsteht eine Erzählung, die einerseits die Geschichte einer Familie spiegelt, andererseits aber auch ein Zeugnis darstellt für die tief verwurzelte deutsche Angst und für die Hoffnungen der Menschen in einer immerzu unsicheren Welt.
»Kann man ein Leben versichern? Kathrin Bach beantwortet diese Frage mit einem virtuos gebauten Tausend-Teile-Puzzle. Und jedes Puzzleteil birgt eine eigene Versicherung oder Verunsicherung. Großartig!« (Isabel Bogdan)
