Leif Randt: Let’s talk about feelings
Leif Randt erzählt in Let’s talk about feelings (Kiepenheuer & Witsch) von Abschied, Aufbruch und Stil.
Marian Flanders, Anfang 40, betreibt in Berlin einen wenig profitablen Mode-Store. Als seine Mutter, ein früheres Model, stirbt, veranstaltet er eine unkonventionelle Trauerfeier auf einem Partyboot auf dem Wannsee. Was wie ein Bruch wirkt, wird zum Wendepunkt seines Lebens: Aus falscher Freundlichkeit wir warmherziger Trotz, aus Enttäuschung erwächst stille Euphorie. Leif Randt erfindet das »Coming-of-Middle-Age« – optimistisch, berührend und voller Stilbewusstsein. Zusammen mit Christian Bos spricht Leif Randt about feelings.
Einige Menschen wurden alt und lebten gesund und sahen trotzdem schrecklich aus. Andere Menschen wurden alt und waren Alkoholiker und sahen völlig okay aus. Und weil niemand sein angeborenes Aussehen verdient hatte, war es auch selten richtig, dieses lobend hervorzuheben. Marian lobte immer nur die Kleidung, die jemand trug – Farben, Silhouetten, Materialien.
Äußerlichkeiten gehen bei Leif Randt unmittelbar in kritische Einordnungen über. Ein Roman, der in einer wie durch einen Filter weichgezeichneten Parallelwelt spielt, entschärft und ohne die großen Katastrophen, und der dadurch die kleinen Dekadenzen und Oberflächlichkeiten umso deutlicher darzustellen vermag. Und auch die einschneidenden Ereignisse in Marians Leben wirken – konträr zum Titel, der sinnbildlich für Marian eher Phrase als Substanz darstellt – wie durch einen Wattefilm gedämpft, zu emotionalen Ausfällen kommt es nicht. In einer nahezu unbeschwerten Umwelt stechen die persönlich nahen Urteile, die Unsicherheiten und Beziehungen umso stärker hervor. Die Künstlichkeit Marians schlägt sich dabei, so frei von echtem Risiko seine Erlebnisse letztlich sein mögen, auf faszinierende Weise stets in latenter Melancholie nieder. »In einer Zeit gigantischer männlicher Egos, die sich über den ganzen Erdball spreizen wollen, ist dieser sanfte Middle-Ager fast schon eine utopische Gestalt« (DLF).
Veranstaltungspartner: Kiepenheuer & Witsch, Institut für Deutsche Sprache und Literatur I, Philosophische Fakultät der Universität zu Köln