Anne Serre: Die Gouvernanten
Mit Eleganz und dunkler Sinnlichkeit erzählt Anne Serre in Die Gouvernanten (Berenberg Verlag) von der Macht der Blicke und von weiblichem Begehren.
Drei Gouvernanten sind für die Erziehung einer Gruppe von Jungen verantwortlich, doch statt die üblichen Werte zu vermitteln, stellen sie deren Weltbild auf den Kopf. Ein fantastisches Märchen voll subtiler Komik, unwiderstehlicher Verlockungen und Verführungen. Auch eine Geschichte weiblicher sexueller Selbstbestimmung.
Angela Spizig moderiert und übersetzt das Gespräch. Therese Hämer liest aus der deutschen Ausgabe von Die Gouvernanten (übersetzt von Patricia Klobusiczky).
Ob er Angst hat? Es ist, als würden zwei Raubkatzen ihn verfolgen. Rennt er jetzt etwa? Aber ja, da galoppiert er, springt über die Wiese. Sie kennen alle Abkürzungen. Na warte nur!
Hohe Mauern begrenzen die Welt der drei Gouvernanten – hier warten sie auf die Rückkehr der Hausherren, doch ob diese zugegen sind oder nicht: Die jungen Frauen sind die eigentlich Herrschenden, denen alle erliegen. Anne Serre entwirft ein unwirkliches, skurriles Szenario, in dem sie die drei Erzieherinnen zu einer schönen, wilden Einheit verschmelzen lässt – immer unter dem voyeuristischen Blick eines greisen Nachbarn. Dabei ist ihre Körperlichkeit auch Waffe, die scharf und gewaltsam eingesetzt wird, wenn ein Fremder sich einmal in den Garten verirrt. Wer aber sind die Gouvernanten wirklich, was bleibt von ihnen, wenn der Blick einmal nicht mehr auf sie fällt? Wie durch einen Fiebertraum bewegt man sich beim Lesen durch dieses Märchen, in dem die Verhältnisse in atmosphärischer Sprache neu geschrieben werden. »In ihrem kunstvollen Roman über die Macht der Blicke entzieht sie die Figuren konsequent dem unseren. Es bleibt das Staunen über eine fantastische Metamorphose – und die poetische Gabe der Erzählerin Anne Serre« (Büchermarkt des DLF).
Veranstaltungspartner: Berenberg Verlag, Institut français