Ronya Othmann: Vierundsiebzig

In Vierundsiebzig (Rowohlt) will Ronya Othmann eine Form finden für das Unaussprechliche, den Genozid an der jesidischen Bevölkerung, den vierundsiebzigsten, verübt 2014 in Shingal von Kämpfern des IS.

Der Roman ist eine Reise zu den Ursprüngen, zu den Tatorten. Der Weg führt in die Camps und an die Frontlinien, in die Wohnzimmer der Verwandten und weiter in ein jesidisches Dorf in der Türkei, in dem heute niemand mehr lebt. Es geht darum, hinzusehen, zuzuhören, Zeugnis abzulegen, Bilder und Berichte mit der eigenen Geschichte zu verweben. Über ihr Werk von ungeheurer Dichte und Härte spricht Ronya Othmann mit Ulrich Noller.

Ich habe immer gedacht, dass es das Ende ist, wenn der Himmel auf die Erde fällt.
Am 3. August 2014 ist der Himmel nicht auf die Erde gefallen, aber trotzdem war es das Ende.

Am 3. August 2014 marschiert der Islamische Staat in die Sindschar-Region des Iraks ein. Nach Angaben der UN werden bis zu 10.000 Jesidinnen und Jesiden getötet, über 7.000 verschleppt und etwa 400.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Viele von ihnen leben bis heute als Binnenvertriebene in Camps im Norden des Iraks. Ronya Othmann setzt mit ihrem Roman Vierundsiebzig an genau diesem schicksalhaften Tag an und wagt den Versuch, das Unaussprechliche zu formulieren. Sie erzählt, wie sie die Angriffe, die Vertreibungen und die Bilder von Menschen, die ihren Verwandten gleichen, in Deutschland als Tochter einer deutschen Mutter und eines kurdisch-jesidischen Vaters wahrgenommen hat. Sie reist mit uns aber auch zu den Tatorten des Völkermords, in leer stehende Dörfer, erzählt von Verwandten und Nachbarn. Im Stil einer miterlebten Reportage berichtet der Roman über den Genozid, von der jesidischen Gemeinschaft als »Farman« bezeichnet und seit den Verfolgungen im Osmanischen Reich durchnummeriert. Vierundsiebzig bezieht sich auf diese Zählung und zeigt mit notwendiger Härte und Klarheit eine radikal poetische Form dokumentarischen Erzählens. Ein Auszug aus Vierundsiebzig wurde bereits 2019 mit dem Publikumspreis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs ausgezeichnet.
»Ihre [Ronya Othmanns] politische Stimme ist klar und entschieden. Ihre literarische Stimme ist kontrolliert, ohne Abschweifung und schlicht« (Der Spiegel).

Veranstaltungspartner: Rowohlt, WDR COSMO

Diese Veranstaltung wird auch als Livestream übertragen. Den Link dafür finden Sie hier.

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